Markenrecht

Verwechslungsgefahr

Grundsatz der Berücksichtigung der Wechselwirkung von gegenüberstehenden Bezeichnungen

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG, die unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände vorzunehmen ist, besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen, der Kennzeichnungskraft des Kennzeichens des Verfügungsberechtigten und dem wirtschaftlichen Abstand der Tätigkeitsbereiche der Parteien

LG Düsseldorf, Urt. V 30.03.2005, 2a 0 10/05


Auch englische Begriffe können eine Verwechslungsfähigkeit mit Wortmarke begründen

Zwischen den sich gegenüberstehenden Produkten besteht eine hochgradige Ähnlichkeit, so dass eine Verwechslungsgefahr besteht.
Bei der Verwendung fremdsprachlicher Begriffe besteht eine Ähnlichkeit der vewendeten Handelskennzeichen auch dann, wenn es sich um einen geläufigen Begriff aus einer geläufigen Fremdsprache handelt. Für die englische Sprache kann mit Zunahme der Fremdsprachenkenntnisse in der Bevölkerung beim geläufigen Grundwortschatz eine bestimmte Kenntnis unterstellt werden

BPatG Mitt. 1986, 76; BPatGE 28, 57

Beispiel für Verwechslungsgefahr von „Markennamen“

Ein Pharmaunternehmen, welches die Produktnamen „Asic“ und „Nasan“ verwendet, hat nach § 14 MarkenG (Markengesetz) einen Unterlassungsanspruch gegen ein anderes Pharmaunternehmen, welches den Produktnamen „Nasic“ verwendet – wegen der Verwechselungsgefahr der Produkte im Wettbewerb.
(OLG Köln, Urteil v. 28.08.1998, Az.: 6 U 60/98, NJW 1999, S. LVI.)


„Rolex“ verfolgte vergeblich „Bastler“

Kleidet eine Privatperson sich mit nachträglich veränderter Markenware, wird dabei weder das Recht an der Marke, noch der „berühmte“ Name verletzt.
Der Eigentümer braucht auch weder den Namen noch das Bildzeichen des Markeninhabers entfernen. Der private Gebrauch einer erworbenen Ware ist grundsätzlich frei. „Rolex“ hatte an einer zur Reparatur eingeschickten Rolex (anonyme) Veränderungen festgestellt. Das Zifferblatt des Originals war nachträglich ausgetauscht, eine Rindengravur war auf dem Goldband und auf dem Saphirglas eine fünfzackige Krone hinzugefügt worden. Die Uhr kostete ursprünglich etwa 30.000 DM – mit den Veränderungen aber entspricht sie einem Modell von 66.000 DM. „Rolex“ verweigerte daraufhin (zu Unrecht) die Rückgabe der veränderten Uhr an den Eigentümer.
(BGH, Urteil v. 12.02.1998, Az.: I ZR 241/95, NJW 1998, S. 2045)


Markenscherz – Markenrechtsverletzung durch Verunglimpfung einer Marke

Beklagte wurde zur Erstattung von Abmahnkosten verurteilt, da er mit seinem Internetauftritt www.scheiss-t-online.de die Markenrechte der Klägerin verletzte. Diese Markenverletzung ergab sich aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 Markengesetz.

Nach den Feststellungen diente der Internetauftritt den für die Anwendung von Markenrecht erforderlichen „geschäftlichen Interessen“, nämlich zumindest den geschäftlichen Zwecken der Wettbewerber der Klägerin. Dies reichte dem Landegricht für die Annahme eines Handelns im geschäftlichen Verkehr aus.

Die Benutzung des Zeichens durch die Beklagte war geeignet, die Wertschätzung der Marke der Klägerin in unlauterer Weise zu beeinträchtigen.
Die Domainkennzeichnung „scheiss-t-online.de“ war geeignet, die Marken der Klägerin herabzusetzen. Durch die diffamierende Voranstellung des Wortes „scheiss“ war ein Bezug zu den Dienstleistungen der Klägerin gewollt und beabsichtigt.
Zitat aus der Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf:

Dieser Bezug stellt ohne jedes scherzhafte oder ironisierende Element eine bloße Herabwürdigung der Marken der Klägerin dar. Soweit sich die Beklagte auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Sachen Lufthansa und BMW beruft bleibt anzumerken, dass diese seit der Entscheidung BGH GRUR 1995, 97 – Markenverunglimpfung II – Nivea bereits überholt sind. Außerdem berücksichtigen sie nicht die Veränderung der Rechtslage durch den aufgrund des Markengesetzes neu eingeführten § 14 Abs. 2 Nr. 3 Markengesetz. Nach allem war die Abmahnung berechtigt. Gegen die Höhe der Kostennote ist ebenfalls nichts einzuwenden.

Die 7,5/10 Gebühr aus 50.000,- DM beträgt 1.068,55 DM. Zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 40,- DM ergibt dies die Summe von 1.108,75 DM. Umgerechnet sind dies EURO 566, 92. In eben dieser Höhe hat der Beklagte die Klägerin gemäß § 257 BGB vor, ihren Anwaltskosten zu befreien. „

(LG Düsseldorf: Az.: 2a O 245/01, Urteil vom 30.01.2002)



Mindestanforderungen an eine Flasche als Bildmarke

Angesichts der Verbreitung von genormten oder üblichen Formen abweichenden, besonderen Flaschenformen bestimmter Getränkehersteller, muß davon ausgegangen werden, auch eine Flaschenform Herkunftsweisen sein kann.
Wer eine Bildmarke schützen und verteidigen möchte, muss Mindestanforderungen erfüllen, damit diese Kennzeichnungskraft für ein Unternehmen hat.
Der Bundesgerichtshof geht bei Bildmarken davon aus, dass Waren eine Unterscheidungskraft fehlt, wenn ein Bild, auf welchem die Ware selbst abgebildet wird, um eine ganz einfache geometrische Form oder um sonstige einfache grafische Gestaltungselemente handelt, die in der Werbung, auf Warenverpackungen etc. in schmückender Form verwendet würden (BGH GRUR 1997, 527, 529 – Autofelge; GRUR 1999, 495, 496 – Etiketten, mit weiteren Nachw.; GRUR 2000, 502, 503 – St. Pauli Girl).
Es ist regelmäßig zu prüfen, ob die Form einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt verkörpern oder ob mit ihr tatsächlich ein Unternehmensherkunftshinweis verstanden werden.
Eine Unterscheidungskraft kann also dann vereint werden, wenn die Form der Flasche lediglich einen Hinweis auf ihren Inhalt gäbe oder eine ganz einfache und verbreitete geometrische Form aufweise, also eine „Flasche an sich“ darstelle.

(BGH -BPatG-, Beschluss vom 13.04.2000, Az. I ZB 6/98)


Kein Schutz des Titels „Digitale Bibliothek“ wegen fehlender Kennzeichnungskraft – etwa so aussagekräftig wie „Schallplattensammlung“

Die Klägerin machte Titelschutz- und Geschäftsbezeichnungsrechte an der Bezeichnung „Digitale Bibliothek“ und in diesem Zusammenhang ein bisschen Wettbewerbsrecht geltend.
Das Landgericht Berlin erteilte dem eine Abfuhr, u.a. mit der Begründung, diese Bezeichnung sei kein geschützter Werktitel im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG, da der Begriff „Bibliothek“ eine Sammlung von Büchern und „Digital“ nur eine technische Eigenschaft beschreibe.
Gegen die Titelfunktion spreche zudem, dass überhaupt kein Hinweis auf den Werkinhalt stattfindet (beispielsweise „Digitale Klassiker“). Die Bezeichnung hat also etwa so viel Aussagekraft wie die Bezeichnung „Schallplattensammlung“.
Dieser Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft . Die Klägerin versuchte die durch eine gesteigerte Bekanntheit zu kompensieren. Hierzu wäre aber eine sogenannte Verkehrsdurchsetzung von der Qualität einer „berühmten“ Bezeichnung erforderlichgewesen (Beispiel: „Die Tageszeitung“). Eine solche Berühmtheit konnte bei der Reihe „Digitale Bibliothek“ jedoch nicht festgestellt werden. Dabei nützte es ihr nichts, die Verkaufszahlen (knapp 75.000 in zwei Jahren bei 25 „Bänden“) sowie verschiedene Zeitungsberichte darzulegen, denn diese genügen nicht um diese Bezeichnung berühmt zu machen. Gesteigerte oder besonders aufwendige Werbemaßnahmen (zwecks orbitanter Steigerung des Bekanntheitsgrades) irgendwelcher Art hatte die Klägerin nicht vorgetragen. Klägerin nicht vor. Auftritte im Internet und auf Buchmessen genügte dem Landgericht dabei nicht.
Eine Verkehrsdurchsetzung, Verkehrsgeltung, Bekanntheit und Berühmtheit konnte das Landgericht nicht feststellen.

(LG Berlin, Urteil vom 21.03.2000, Az. 16 O 663/99)


Für die Unterscheidungskraft zählt der Gesateindruck eines Kennzeichens und nicht nur einzelne Elemente

Denn es muß davon ausgegangen werden, dass der Verkehr ein Kennzeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen, wie es ihm bei der konkreten Verwendung entgegentritt, aufnimmt (vgl. BGH NJW-RR 2001, S. 406; BGH, NJW-RR 2000, 1202 = GRUR 2000, 608 [610] = LM H. 9/2000 § 14 MarkenG Nr. 12 = WRP 2000, 529 – ARD-1).
Dabei sind alle Elemente der Kennzeichnung zu berücksichten und nicht nur einzelnde identische Bestandteile; es ist dabei auch auf unterschiedliche Bildelemente abzustellen.
Bei der Feststellung einer unmittelbaren Herkunftstäuschung auf Grund des Gesamteindrucks einer Kennzeichnung dürfen nicht bei dem Vergleich der Kennzeichen der Parteien nur einzelne ihrer Elemente (Farbe, Format, Aufbau und Anordnung von Einzelelementen) einbezogen werden

(BGH NJW-RR 2001, S. 406).


Annäherungen an eine Marke bergen den Geruch der Unlauterkeit

Von einer unlauteren Nutzung bzw. einem Missbrauch ist im Bereich des Kennzeichenschutzes bekanntlich nur auszugehen, wenn ein Wettbewerber sich mit der Kennzeichnung seiner Waren der geschützten Marke zumindest angenähert hat, um Gütevorstellungen, die der Verkehr mit den unter der Marke vertriebenen Erzeugnissen verbindet, für sich auszunutzen

(BGH, 03.03.2005 – Lila Postkarte, BGH I ZR 159/02; BGHZ 86, 90, 95 – Rolls-Royce; BGH, Urt. v. 29.11.1984 – I ZR 158/82, GRUR 1985, 550, 553 = WRP 1985, 399 – DIMPLE, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 93, 96; Beschl. v. 27.4.2000 – I ZR 236/97, GRUR 2000, 875, 877 = WRP 2000, 1142 – Davidoff I).


Wort- Bildmarke „günstiger.de“ kaum schützbar

Ein Unternehmen vertrieb unter der Internetdomain „guenstig.de“ Waren. Sie hatte des Weiteren die Wortmarke „guenstig.de“ als „Wort-Bild Marke in der Warenklasse angemeldet.
Dies (aus Erfahrung nebenbei bemerkt) vermutlich, weil der Begriff günstig als „Begriff des allgemeinen Sprachgebrauchs“ als schlichte Wortmarke kaum eintragungsfähig sein dürfte.
Des Weiteren war der Begriff „günstig“ ein Bestandteil ihres Unternehmensnamens, nämlich „Guenstig.de Shopping KG“.
Eine Unterlassungsklage der letztgenannten Markeninhaberin gegen einen Inhaber veschiedener sehr ähnlicher Domains, u.a. mit dem Begriff „günstig“ als Umlaut, wurde jedoch abwiesen.

Zitat aus dem Urteil des LG Frankenthal: Die Klägerin kann sich auch nicht auf ausschließliche Rechte aus einer geschäftlichen Bezeichnung (§§ 5, 15 MarkenG) berufen. Unternehmenskennzeichen, die als geschäftliche Bezeichnungen gemäß § 5 Abs. 1 MarkenG geschützt sind, sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG), wobei Voraussetzung für einen Markenschutz die originäre Kennzeichnungskraft ist. Diese erfordert eine zur Unterscheidung des Unternehmens von anderen hinreichende Eigenart, das heißt die Bezeichnung muss vom Verkehr als individueller Herkunftshinweis aufgefasst werden (vgl. dazu Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rn. 36 zu § 5 MarkenG). Daran fehlt es, wie bereits ausgeführt bei der Bezeichnung „günstig“, einem Adjektiv, das laut DUDEN (BI. 36 d. A.) u. a. bedeutet, durch seine Art oder (zufällige) Beschaffenheit geeignet, jmdm einen Vorteil oder Gewinn zu verschaffen, die Vorzüge einer Person oder Sache zur Geltung zu bringen, ein Vorhaben oder das Gedeihen einer Sache zu fördern.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf den Namen ihrer Firma abstellt, ist zu berücksichtigen, dass die beanstandete Bezeichnung „günstig.de“ lediglich einen Bestandteil des Firmennamens der Klägerin darstellt, während der vollständige Name der Klägerin „Guenstig.de Shopping KG“ lautet. Da dem Namensbestandteil „guenstig.de“, wie. ausgeführt, die Kennzeichnungskraft fehlt, muss der gesamte Firmenname der Klägerin für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S. des § 15 MarkenG herangezogen werden, was zweifelsfrei dazu führt, dass eine solche zu verneinen ist.
Die Domain-Reservierung und -benutzung des Beklagten stellt auch keine unlautere gezielte Behinderung eines Mitbewerbers i.S.d. § 4 Nr. 10 UWG dar.
Zwar kann eine Domain-Eintragung, wenn sie zu Zwecken des Domain-Grabbing erfolgt, also nur darauf gerichtet ist, sich die Domain vom Kennzeicheninhaber abkaufen oder lizenzieren zu lassen zu lassen, unter dem Gesichtspunkt der gezielten Behinderung unlauter sein; Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Registrierung oder Aufrechterhaltung der Domain nach Lage der Dinge nur den Zweck haben kann, sich durch Verkauf oder Lizenzierung der Domain an Dritte, die wirtschaftlich auf die Nutzung dieser Domain für ihre Marken oder Unternehmenskennzeichen angewiesen sind, zu bereichern (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., Rn. 10.94 zu § 4 UWG m. zahlr. RsprN.).
Für eine entsprechende Absicht des Beklagten bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Eine Übertragung der für ihn registrierten Domain an die Klägerin hat er abgelehnt und lediglich die Möglichkeit einer Kooperation angesprochen (vgl. e-mail-Verkehr Bl. 148 d. A.) Eine Bereicherungsabsicht seinerseits ist darin nicht erkennbar.
Allein die Eintragung von Allgemein- oder Gattungsbegriffen als Domain bedeutet aber im Allgemeinen noch kein unlauteres Verhalten. Zwar mag die Verwendung solcher beschreibender Begriffe zu einer gewissen Kanalisierung von Kundenströmen führen, weil der einzelne Internet-Nutzer, der den entsprechenden Begriff als Internet-Adresse eingibt, möglicherweise aus Bequemlichkeit auf weiteres Suchen verzichtet. Dies reicht jedoch nicht aus, um eine unbillige Behinderung von Mitbewerbern durch Abfangen von Kunden oder eine unsachliche Beeinflussung von Verbrauchern anzunehmen (BGHZ 148 – mitwohnzentrale.de).
Soweit die Klägerin auf eine Irreführungsgefahr durch die Domain des Beklagten abstellt, ist zu berücksichtigen, dass sie insoweit auch auf ihr Marke bzw. ihre geschäftliche Bezeichnung abstellt. Insoweit sind die markenrechtlichen Regelungen indes gegenüber dem allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Schutz vorrangig (BGHZ 138, 349 MAC Dog).
Vor diesem Hintergrund scheiden auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus mit der Folge, dass ihre Klage abzuweisen war.“

LG Frankenthal, Urteil vom 29.09.2005, Az. 2 HK O 55/05

Markenschutz kraft Verkehrsgeltung
Auch Begriffe des allgemeinen Sprachgebrauchs, Beschaffenheitsangaben oder Beschreibungen können kraft Verkehrsgeltung als Unternehmenskennzeichen monopolisiert werden

Das bedeutet, dass eigentlich nicht eintragungsfähige Unternehmenskennzeichen markenrechtlich doch durch eine Markenschutzregistereintragung monopolisiert werden können, wenn sie sich nahezu einhellig innerhalb der beteiligten Verkehrskreise durchgesetzt haben (so BGH, Urt. v. 30.6.1959 – I ZR 31/58, GRUR 1960, 83; BGH, Beschl. v. 13.5.1969 – I ZB 1/68, GRUR 1970, 77).
Welche Anforderungen dabei an eine solche Verkehrsgeltung zu stellen sind, hängt davon ab, wie groß das Freihaltebedürfnis für die Beschreibung ist (BGH, Urt. v. 28.11.1991 – I ZR 297/89, GRUR 1992, 203; Fezer, Rn.41 zu § 25 WZG).
Bei der Feststellung der erlangten Verkehrsgeltung wird dabei nach der Rechtsprechung des EUGH auch auf Umstände wie der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung sowie auf den Werbeaufwand abgestellt.
Prozentzahlen für eine Verkehrsgeltung können nicht generalisierend festgelegt werden, doch können grobe Anhaltspunkte in der Rechtsprechung gefunden werden.
Ein Bekanntheitsgrad von weniger als 20 % wird kaum ausreichen; andererseits wurde ein Bekanntheitsgrad/Durchsetzungsgrad von mehr als 80 % nur in ganz seltenen Fällen gefunden.
Man kann dabei davon ausgehen, dass „originelle oder jedenfalls von Hause aus unterscheidungskräftige Marken“ (also keine beschreibenden Angaben des allgemeine Sprachgebrauchs sondern originelle Wortkombinationen von Allgemeinbegriffen, wie z.B. „lachende Schneeschmetterlinge“ o.ä.) kraft Verkehrsgeltung geschützt sind, wenn der Grad der Durchsetzung über 30 % liegt, wohingegen auch bei beschreibenden Angaben ein Prozentsatz von über 50 % Verkehrsgeltung in den meisten Fällen ausreicht (BGH, Urt. v. 31.1.1991 – I ZR 71/89, GRUR 1992, 48). Die Übergänge sind fließend.

Beispiele:

36 % genügen jedenfalls nicht (BGH, Urt. v. 31.1.1991 – I ZR 71/89, GRUR 1992, 48).
60 % sind ausreichend bei der Bezeichnung (BGH, Urt. v. 30.6.1959 – I ZR 31/58, GRUR 1960, 83).
65 % ausreichend für eine beschreibende Angabe, nämlich der Beschreibung STRASS für Lüsterbehangsteine (BPatG, Beschluß vom 24.05.1989, Az.: 26 W (pat) 81/86).

Um diese Angaben einigermaßen verläßlich festzustellen, wird regelmäßig ein Sachverständigengutachten (z.B. eines Marktforschungsinstitus) eingeholt.
Eine europaweite Befragung kann dabei sogar sechsstellige Beträge kosten, was auch darauf ankommt, wie groß die (potentielle !) Abnehmergruppe und natürlich der Aufwand des Instituts ist.
Die dazu von einem unabhängigen Marktforschungsinstitut zu befragenden Gruppen sind die Verkehrsgeltung bildenden Verkehrskreise, also die (potentiellen) Abnehmer der Waren oder Dienstleistungen, die unter dem potentiellen Kennzeichen vertrieben werden. Das können im Einzelfall auch nur spezielle Abnehmergruppen sein, also z.B. Großhändler für Friseurbedarf Haarschneidegeräten, Kinos bei der Herstellung von Kinosesseln, Autovermieter und/oder beteiligte Verbraucher bei der Vermietung bzw. Vermakelung von Mietautos – was die Sache vereinfacht und verbilligt.
Nach der deutschen Rechtsprechung kam bei bundesweit angebotenen Waren oder Dienstleistungen zwar grundsätzlich jeder Abnehmer der Dienstleistung im gesamten Bundesgebiet in Betracht – dennoch konnte die Verkehrsgeltung aber durchaus ausnahmsweise auch räumlichbegrenzt sein (BGH, Urt. v. 3.5.1963 – I ZR 119/61, GRUR 1963, 623; ferner BGH, Urt. v. 5.3.1971 – I ZR 101/69, Bl. 1971, 287, und Beschl. v. 19.10.1973 – Ib ZB 3/72, Bl. 1974, 257).
Das Dilemma rufen Dienstleistungsunternehmen mit nur regionalem Wirkungsbereich hervor, z.B. Abschleppunternehmen und Gaststätten oder (kleine) Brauereien.
So kann es sein, dass diese Marken nur innerhalb ihres Einzugsgebiets bekannt geworden sind und nur dort bei den Verbrauchern als „Verkehrskreise“ Verkehrsgeltung erlangt haben.
In diesen Fällen können, mangels anderweitiger Schutzmöglichkeit für diese Marken, die beteiligten Verkehrskreise auch schlicht räumlich einzugrenzen sein.
Um diese Marken überhaupt über das ohnehin gekünstelte Instrument der Verkehrsgeltung zu schützen, muß man sich juristisch unschön ausnahmsweise der Krücke der bundesweiten Eintragung beim Deutschen Patent- und Markenamt bedienen – da es ein landes- oder ortsweites Register ja nicht gibt.
Dies erkennt die Deutsche Rechtsprechung mit den vorzitierten Entscheidungen auch grundsätzlich (natürlich mit schweren Bedenken) an – eine solche Eintragungen einer lokalen Makre muß jedoch Ausnahmecharakter haben.
Es wird jedoch regelmäßig dazu geraten, bei Allgemeinbegriffen bzw. beschreibenden Angaben z.B. die Namen der Region mit in diese Begriffe einzubeziehen, um die Marke zu bilden – wenn man nicht durch die Instanzen ziehen möchte und sich jahrelang mit Mitbewerben auseinandersetzen möchte.
Man behilft sich letztlich zum Schutz der Konkurrenz in der Rechtsprechung jedenfalls damit, dass die Marke nicht über die Region hinaus verteidigt werden kann – also der Abschleppunternehmer aus Dortmund so nicht unter Berufung auf seine Marke einen diese oder eine ähnliche Marke ebenfalls verwendenden Unternehmer in Hamburg (ohne weiteres Konkurrenzgebahren in seiner Region) angehen kann.Hier zeichnet sich aber gleichzeitig die Möglichkeit für den EUGH und damit auch die Juristen im HBM ab, die Eintragung bei nur „regionaler Geltung in Europa“ erfolgreich zu versagen.
Gegenstandswerte im Markenrecht
Streitwert von 100.000,00 DM ist bei Markenrechtsverletzungen normal (Regelstreitwert)

Ein Streitwert von DM 100.000,00 ist bei Markenverletzungsangelegenheiten bei einer benutzten Marke an der unteren Grenze angesiedelt (Ingerl/Rohnke Rn. 10 zu § 142 MarkenG). Eine Geschäftsgebühr in Höhe der Mittelgebühr ist als angemessen anerkannt (Ingerl/Rohnke Rn. 95 vor § 14 – 19 MarkenG).“LG München I, Az.: 1 HKO 8408/00, Urteil vom 19.07.2000

Auch der BGH setzt bereits seit 2002 den Gegenstandswert einer Rechtsbeschwerde bereits im Anmeldeverfahren über eine Eintragung einer Marke übrigens bereits regelmäßig mit 50.000 EUR an (siehe u.a. BGH Beschluss vom 11.07.2002 Az.: I ZB 24/99).