Ordnungswidrigkeitenrecht

Sichtbarkeit von Verkehrsschildern bei Geschwindigkeitsüberschreitungen

Nach dem Sichbarkeitsgrundsatz sind Verkehrszeichen so anzubringen, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen kann. Der Kraftfahrer ist nicht verpflichtet nach Verkehrsschildern zu suchen. Er hat sie vielmehr bei der Vorbeifahrt zu beachten und muss sie dabei ohne weitere Überlegung wahrnehmen können (OLG Hamm, Beschluss vom 30.09.2010, Az. III 3 RBs 336/09, m.w.N., u.a. OVG Münster, NJW 2005, 1142, BGH NJW 1966, 1456).

Werden Verkehrsregelungen aufgrund von Abnutzung oder Witterungsbedingungen, auch durch z.B. Schnee oder Zweige eines Gebüsches, derart unkenntlich, dass die Erkennbarkeit ohne weitere Überlegungen für einen durchschnittlichen Kraftfahrer im Vorbeifahren nicht mehr vorhanden ist, so verlieren sie ihre Wirksamkeit (OLG Hamm, Beschluss vom 30.09.2010, Az. III 3 RBs 336/09, BayObLG NJW 1984, 2110; OLG Stuttgart VRS 95, 441)

Ist eine Geschwindigkeitsbeschränkungsschild durch ein anderes Fahrzeug verdeckt, so kann dem Autofahrer mangels Wahrnehmung des Verwaltungsakts der Geschwindigkeitsbeschränkung nicht der Vorwurf eines fahrlässigen Verstoßes gegen die Geschwindigkeitsbeschränkung gemacht werden.

Oberlandesgericht Oldenburg, Az: Ss 147/02, Urteil vom 13.06.2002.

Versperrt ein Fahrzeug die Sicht auf das Geschwindigkeitsbegrenzungsschild bei einem Überholvorgang, ist dem Fahrer der Vorwurf einer Geschwindigkeitüberschreitung auch nicht mit dem juristischen Kunstgriff zu machen, dass er sich durch sein Überholen selber die Möglichkeit genommen habe, ordnungsgemäß aufgestellte Verkehrsschilder wahrnehmen zu können. Dazu das folgende Zitat aus OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.03.2002, Az: 2a Ss (OWi) 69/02:

„Der Betroffene hatte sich unwiderlegt dahin eingelassen, er habe das aus seiner Sicht nur rechts angebrachte Verkehrsschild nicht wahrnehmen können, da er kurz zuvor einen Lkw überholt habe, der ihm die Sicht versperrt habe. Gleichwohl hat es einen fahrlässigen Verstoß bejaht und dabei angenommen, vor Durchführung eines Überholvorganges müsse sich der Verkehrsteilnehmer hinreichend absichern, dass der Vorgang ohne Verletzung von Verkehrsregeln durchgeführt werden könne. Dazu gehöre auch, „dass man sich selbst nicht die Möglichkeit nimmt, rechts ordnungsgemäß aufgestellte Verkehrsschilder wahrnehmen zu können“. Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Sie führte letztlich zu einem faktischen Überholverbot, da die Möglichkeit der Aufstellung von Verkehrszeichen am rechten Straßenrand im Bundesgebiet von einem Kraftfahrer nie ausgeschlossen werden kann. Ein gänzliches Absehen von Überholvorgängen kann aber auch von einem besonnenen, auf die Einhaltung der Rechtsordnung bedachten Verkehrsteilnehmer nicht erwartet werden, zumal die Straßenverkehrsordnung das Überholen – wenn auch unter besonderen Voraussetzungen (vgl. § 5 StVO) – grundsätzlich erlaubt.
Konnte der Betroffene im konkreten Fall das lediglich am rechten Straßenrand angebrachte Verkehrszeichen infolge des Überholvorgangs optisch nicht wahrnehmen, kann ihm ein fahrlässiger Geschwindigkeitsverstoß nicht zur Last gelegt werden (vgl. OLG Stuttgart VRS 95, 441). Anhaltspunkte dafür, dass dem Betroffenen die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung aufgrund anderer Umstände bekannt war bzw. sein musste, etwa weil er den Streckenabschnitt nach Aufstellung des Schildes häufiger benutzt hat oder die Örtlichkeit oder andere Umstände eine Geschwindigkeitsbegrenzung nahe legten, ergeben die getroffenen Feststellungen nicht.“ (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.03.2002, Az: 2a Ss (OWi) 69/02).

Atemalkoholmessung

Die Nichteinhaltung der Wartezeit von mind. 20 Minuten zwischen Trinkende und erster Atemalkoholmessung führt zur Unverwertbarkeit der Messung beim Dräger Alcotest 7110 Evidential (OLG Dresden, Entscheidung von 08.02.2005).
Aktenzeichen: Ss (OWi) 32/05).

Sondernutzung des Gehweges durch Niederlassen zum Alkoholgenuß

Das Niederlassen zum Alkoholgenuß auf einem öffentlichen Gehweg kann eine unzulässige Sondernutzung des Weges nach dem Straßen- und Wegegesetz darstellen. Erfolgt eine solche Sondernutzung ohne Genehmigung sind das Einschreiten der Ordnungsbehörden und Bußgelder gegen die Störer gerechtfertigt.
(OLG Saarbrücken Beschluß vom 15.09. 1997, Ss (Z) 217/97 (51/97); NJW 1998, S. 251)